MR-HIFU-Gerät des Marienhospitals wurde erstmals bei einem Osteoid-Osteom eingesetzt
Osteoid-Osteome werden bislang meistens chirurgisch behandelt,“ so Dr. Fridolin Tröster. Der Mediziner ist Oberarzt an der Klinik für Diagnostische und Interventionelle Radiologie des Marienhospitals. Er erläutert: „Bei der herkömmlichen chirurgischen Methode wird der Tumor mit einem scharfen löffelförmigen Instrument entfernt.“
OP schädigt gesunde Strukturen
Auf dem Zugangsweg des Instruments zum Tumor müssen aber Muskeln, Sehnen, Weichteile und Nerven durchtrennt werden, was zu vorübergehenden oder bleibenden Problemen führen kann. Daher wird heute stattdessen oft die Radiofrequenz-Ablation angewendet. Bei dieser wird unter Vollnarkose eine lange Nadel bis in den Tumor geschoben. In der Nadelspitze fließt ein Wechselstrom, der den Tumor quasi verkocht. „Doch die Nadel schädigt auf der Strecke zum Tumor ebenfalls gesunde Strukturen, wenn auch weniger als eine offene Operation“, so Dr. Tröster.
Operation ganz ohne Skalpell
Das Marienhospital ist eine von weniger als zehn deutschen Kliniken, die ein MR-HIFU-Gerät besitzen. Bei diesen Geräten wird völlig ohne Schnitte in den Körper operiert. Mit dem bildgebenden Verfahren MR (Magnetresonanz-Tomografie) lokalisiert der Arzt den Tumor auf einem Monitor und „beschießt“ ihn von außen mit hochintensiv-fokussiertem Ultraschall (HIFU). Vorteil der Methode: Sie kommt ganz ohne Skalpell und Schnitte aus und zudem ohne Strahlenbelastung. Durch den gebündelten Ultraschall erhitzt sich das Tumorgewebe auf 50 bis 80 Grad und wird so quasi verkocht. Umliegendes gesundes Gewebe wird nicht oder nur minimal geschädigt.
Sofort keine Schmerzen mehr
Der Patient befindet sich bei der etwa fünfzigminütigen Behandlung in der Röhre des MRT-Geräts in Vollnarkose und hat daher keine Schmerzen. „Bislang haben wir MR-HIFU bei Myomen und Adenomyose eingesetzt, also gutartigen Gebärmuttererkrankungen. Auch Knochenmetastasen haben wir schon damit behandelt“, so Dr. Tröster. „Herr Coccorullo war der erste Patient, bei dem wir ein Osteoid-Osteom mit MR-HIFU entfernt haben.“ Größe und Position des Tumors im linken Beckenknochen schienen den Marienhospital-Ärzten ideal für die Ultraschallbehandlung. Und sie behielten Recht.
Nur zwei Tage im Krankenhaus
„Weil die Methode in Vollnarkose durchgeführt wird, habe ich nichts gespürt“, so Luca Coccorullo. „Und ich hatte direkt nach dem Eingriff schon keine Schmerzen mehr. Eine Wohltat, nachdem ich fast ein halbes Jahr unter immer schlimmer werdenden Schmerzen gelitten hatte und mir wegen der vielen Schmerzmittel dauernd übel war.“ Der Klinikaufenthalt betrug nur zwei Tage, und eine Woche nach dem Eingriff konnte der 25-Jährige schon wieder arbeiten. Da er wegen der starken Schmerzen zuvor zwei Monate lang sein linkes Bein kaum noch bewegen konnte, habe er es anfangs noch trainieren müssen, um die volle Kraft und Beweglichkeit wiederzuerlangen, sagt Luca Coccorullo.
Tumor komplett verschwunden
Eine MRT-Untersuchung zwei Monate nach dem Eingriff habe gezeigt, dass der Tumor komplett verschwunden ist. „Ich habe hin und wieder ganz leichte Schmerzen. Im MRT sah man, dass die Ursache wohl eine kleine Nervenverletzung im Operationsbereich ist. Das kann bei dieser Methode passieren, aber ich spüre es nur manchmal und mache etwas Physiotherapie dagegen. Die typischen schlimmen Schmerzen der Krankheit sind aber völlig weg.“ Dankbar sei er, dass die Kooperation zwischen den beteiligten Krankenhäusern und der Orthopädie, Anästhesiologie und Radiologie im Marienhospital so gut funktioniert und man so die für ihn optimale Therapie gefunden habe.
Stichwort „Osteoid-Osteom“ – in leichten Fällen reicht Aspirin
Osteoid-Osteome sind kleine und schmerzhafte, aber gutartige Knochentumoren. Sie bestehen aus einem durchbluteten Kern (Nidus), der von Knochengewebe umgeben ist. Meist befällt der Tumor den Ober- oder Unterschenkelknochen. Etwa 14 Prozent aller Knochentumoren sind Osteoid-Osteome. Der Tumor tritt meist zwischen dem 10. und 20. Lebensjahr auf. Männer sind dreimal häufiger betroffen als Frauen. Ein Auftreten vor dem 10. Lebensjahr ist möglich, nach dem 30. sehr selten. Die Symptome sind lokale Schmerzen, bevorzugt nachts. Die Diagnose erfolgt mittels bildgebender Verfahren: Röntgen, Knochenszintigrafie, CT oder MRT. Bei leichteren Beschwerden reicht oft eine Behandlung der Symptome, zum Beispiel mit Aspirin, da die Erkrankung meist innerhalb von zwei bis sieben Jahren von selbst ausheilt.