Therapeutische Verfahren
Psychosomatische Erkrankungen beruhen auf einem intensiven Wechselspiel zwischen Körper und Seele, die wir als untrennbar miteinander verwoben betrachten.
Multimodaler und multiprofessioneller Therapieansatz
Daher können unsere Patienten in der Regel an verschiedenen Behandlungsverfahren teilnehmen (multimodaler Therapieansatz). Sie werden von entsprechend ausgebildeten Therapeuten durchgeführt (multiprofessionell). In regelmäßig stattfindenden Teamsitzungen und Supervisionen tragen wir dann alle Erkenntnisse über einen Patienten zusammen. So kann ein umfangfreiches Verständnis für dessen individuelle Problematik entstehen. Die intensive Teamarbeit ist ein wichtiger Pfeiler unseres Therapieansatzes. Er beruht auf einem psychoanalytischen Krankheitsverständnis mit Integration verhaltenstherapeutischer und weiterer anerkannter Verfahren.
In einem zwar dichten Stundenplan mit dennoch ausreichenden Freiräumen finden sich die folgenden Behandlungselemente:
Therapeutische Verfahren im Detail
Gefühle benennen und erkunden
Alle Patienten nehmen an einer Gruppenpsychotherapie teil. In dieser geht es um das Benennen und Erkunden von Gefühlen, die sich hinter den verschiedenen Symptomen verbergen. Ziel ist es, eigenes Fühlen, Denken und Handeln besser zu verstehen und Vertrauen trotz schwieriger Themen zu erleben.
Die Gruppentherapie hat zwei Schwerpunkte:
- Zum einen bietet sie Gelegenheit, über Symptome, Probleme und Gefühle zu sprechen. Die Patienten fühlen sich dadurch entlastet und entwickeln Verständnis und neue Zugangsweisen für das jeweilige Problem.
- Zum anderen können in der Gruppentherapie selbst komplizierte zwischenmenschliche Beziehungen entstehen. Die Gefühlsskala reicht dabei von genervt oder gekränkt sein bis hin zu sich missverstanden oder hilflos fühlen.
Der zweite Schwerpunkt ist zwar oftmals der anstrengendere Teil einer Gruppentherapie, dafür aber auch der emotional wirksamere. So lernen die Patienten beispielsweise, frei über die Eindrücke untereinander zu reden. Auch bietet sich ihnen die Chance, sowohl die eigenen Empfindungen und Reaktionen als auch die der anderen zu erleben und besser zu verstehen.
Die Gruppentherapie findet in der Regel mit zwei Gruppentherapeuten und einer zuhörenden Pflegekraft statt. In den Gruppensitzungen wird kein Thema vorgegeben. Jeder Patient kann sein Anliegen in die Gruppe einbringen, wann immer er möchte.
Raum für Vertrauliches und Planung
Einzelgespräche dauern in der Regel 50 Minuten. Patienten können dort Themen besprechen, die sie zunächst nicht in die Gruppentherapie einbringen möchten. Auch lassen sich Gruppentherapien vor- oder nachbereiten, und die weitere individuelle Behandlungsplanung kann besprochen werden. Des Weiteren besteht die Möglichkeit, indiviuell zugeschnittene Bewältigungstechniken zu erlernen.
Der Inhalt der Einzelgespräche ergibt sich aus der Zusammenarbeit mit dem Einzeltherapeuten.
Ressourcen für den Alltag
Einmal wöchentlich führen die Patienten ein 25-minütiges Gespräch mit einer Pflegekraft. Es soll dazu beitragen, mit verschiedenen Alltagsaufgaben besser klarzukommen. Außerdem kann es helfen, Ressourcen zu entdecken und zu entwickeln. Letztlich unterstützt das Gespräch bei der Krankheitsbewältigung.
Familie ist wichtig
Psychosomatische Erkrankungen sind in Familiensysteme eingebettet. Wir können in der Klinik aber nur einzelne Patienten individuell behandeln. In Absprache bieten wir während eines Aufenthalts Paar- oder Familiengespräche an. Diese dienen mehreren Zwecken:
- Beziehung entdecken: Der Andere ist wichtig.
- Informationsgewinnung: Was denkt der Andere?
- Probleme identifizieren: Was macht es mir schwer?
- Behandlungsplanung: Was können wir zusammen tun?
So eröffnen Paar- und Familiengespräche neue Perspektiven und ein tieferes Verständnis füreinander.
Auf kreativem Weg sich selbst besser kennenlernen
In der Kunsttherapie können unsere Patienten mit unterschiedlichsten Materialien neue Erfahrungen sammeln und persönliche Thematiken und Gefühle gestalterisch zum Ausdruck bringen. Die Kunsttherapie bietet die Möglichkeit, sich selbst mittels kreativer Medien besser kennen- und verstehenzulernen. Individuelle Schwerpunkte werden gemeinsam mit der Kunsttherapeutin erarbeitet.
Für die Kunsttherapie sind keinerlei Vorkenntnisse oder Fertigkeiten nötig. Denn es geht nicht um das Herstellen eines Kunstwerks, und auch die gestalterische Umsetzung wird nicht bewertet. Die Kunsttherapie findet für alle Patienten zweimal in der Woche statt.
Kunsttherapie in der Kleingruppe
Für alle Patienten, die von der Kunsttherapie besonders profitieren, bieten wir außerdem zweimal wöchentlich eine zusätzliche Kunsttherapiegruppe an. In der Kleingruppe werden verschiedene Angebote bearbeitet und gemeinsam reflektiert. Die Angebote reichen von spielerischen Übungen bis hin zur gestalterischen Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Themen und Gefühlen. Die zusätzliche Kunsttherapie bedeutet somit eine Vertiefung des kunsttherapeutischen Prozesses.
Gedanken, Gefühle und Körperempfindungen
Die Konzentrative Bewegungstherapie ist ein körperorientiertes psychotherapeutisches Verfahren. Über Körper-, Material- und Raumerfahrung wird ein Erlebnisraum für indviduelle und für Gruppenthemen angeboten. Dabei wechseln sich in den Gruppenstunden Erleben und verbales Reflektieren des Erlebten ab.
Kombinierte Atmungs- und Haltungsbehandlung
Zilgrei ist eine Selbstbehandlungsmethode. Sie wurde von dem Chiropraktiker Hans Zeissing und seiner Frau Adriana Zillo entwickelt. Ziel ist, mithilfe von Atmung und Bewegung gezielt muskuläre Dysbalancen auszugleichen und damit Schmerzen zu verringern. Unsere Patienten bekommen ein Konzept an die Hand, mit dem sie selbständig und individuell auf ihre Symptome eingehen können.
Mit geistigen und körperlichen Übungen zu sich selbst finden
Yoga ist eine philosophische Lehre, zu der geistige und körperliche Übungen gehören. Die Wurzeln des Yoga liegen in Indien. Im Westen und in der hiesigen Behandlung stehen vor allem die Körperübungen im Mittelpunkt, die sogenannten Asanas. Diese Yoga-Übungen trainieren Kraft, Flexibilität und Gleichgewicht. Zu einer Yoga-Stunde gehören in der Regel auch Tiefenentspannung, Atemübungen und Meditation.
Ziel ist, Körper, Geist, Seele und Atem in Einklang zu bringen und dadurch mehr innere Gelassenheit zu erreichen. Yoga wirkt beruhigend, ausgleichend oder auch aktivierend. Es ist ein gutes Mittel, um zu sich selbst zu kommen und eigene Grenzen und Möglichkeiten kennenzulernen. Aber auch um Distanz zu belastenden Faktoren in der Umwelt oder in sich selbst zu gewinnen.
Entspannung systematisch lernen
Die Progressive Muskelentspannung/-relaxation nach Jacobson (PMR) ist ein Entspannungsverfahren. Unsere Patienten lernen unter Anleitung, bestimmte Muskelgruppen bewusst anzuspannen und zu entspannen. So lässt sich ein Zustand tiefer Entspannung des ganzen Körpers erreichen. Das Verfahren bieten wir zweimal wöchentlich an. Ziel ist, am Ende eines Aufenthalts die Übungen ohne Anleitung durchführen zu können.
Im warmen Wasser entspannen und neue Kraft tanken
Im Bewegungsbad finden Übungen zu Bewegung, Kräftigung, Dehnung und Lockerung statt. Dabei werden Auftrieb, Wärme und Reibungswiderstand des Wassers ausgenutzt. Im Bad können sich unsere Patienten entspannen, werden zur Selbstfürsorge angeleitet und entdecken neue Ressourcen.

Individuelle Beschwerden und Einschränkungen therapieren
Nach ärztlicher Anordnung erhalten unsere Patienten verschiedene, befundorientierte Einzeltherapien.
Diese umfassen unter anderem folgende Behandlungsmethoden:
- Haltungsschulung
- Anleitung zum Muskelaufbau und Gleichgewichtstraining
- Manuelle Therapie
- Faszientechnik
- Triggerpunktbehandlung
- Neurologische Krankengymnastik nach Bobath
- manuelle Lymphdrainage
- Kinesiotaping
- Reflexzonentherapie am Fuß
Sich im Laufen neu entdecken
Laufen ist eine natürliche Bewegungsform und deshalb besonders gesund. In der Laufgruppe machen unsere Patienten zweimal pro Woche für eine Stunde einen Spaziergang. Der Körper wird dadurch aktiviert. Gleichzeitig baut sich oft schon während des Laufs oder danach ein befriedigenden Gefühl auf. Manche unserer Patienten entdecken das Laufen als neue Kraftquelle und entwickeln damit eine neue Ressource. Bei Schmerzerkrankungen sowie bei Angst und Depression ist regelmäßige Bewegung im moderaten Ausdauerbereich nachweislich hochgradig therapeutisch wirksam.
Gemeinsamkeit erfahren
Den intensiven Austausch untereinander erleben unsere Patienten häufig als ein sehr wichtiges Therapieelement. Sei es in den gemeinsamen Aufenthaltsräumen, auf der Dachterasse, im weitläufigen Marienhospital, dem Patientengarten oder auf gemeinsamen Spaziergängen: Überall entstehen wichtige und tragende Verbindungen. Mit ihren Symptomen fühlen sich viele unserer Patienten dann weniger alleingelassen und erleben Verständnis. Auch hören sie von den Lösungen anderer. Das gemeinsame Gestalten von Freizeit gibt neue Impulse; häufig kehrt verlorengeglaubte Lebendigkeit zurück.
Gutes anstellen
Freizeit lust- und sinnvoll zu gestalten ist gar nicht so leicht. Deshalb besteht einmal pro Woche für jede Gruppe die Herausforderung, zweieinhalb Stunden selbstständig zu gestalten. Im Vorfeld gilt es dabei, Wünsche und Vorstellungen zu äußern und zu sammeln. Dann werden diese abgestimmt und anschließend in die Tat umgesetzt. In einem lebendigen Gruppenprozess entstehen dabei häufig lustvolle Nachmittage, die Kraft und Energie geben. Aber es kommt auch Nachdenklichkeit auf, und nicht selten entstehen Themenanregungen für die Gruppentherapie.
Seine Sinne wieder wahrnehmen lernen
Jeder Mensch hat in seinem Gedächtnis positive Bilder und Fantasien gespeichert. In der aktuellen Befindlichkeit und Lebenssituation der Patienten ist der Zugang zu diesen Erinnerungen oftmals verschüttet. Mithilfe der Genusstherapie lassen sich die fünf Sinne „Riechen, Schmecken, Tasten, Sehen und Hören“ wieder sensibilisieren.
Das Training gliedert sich in sechs Einheiten zu je 60 Minuten. Es umfasst Übungen zu den fünf Sinnen, Atemübungen und das Erkunden von Materialien. Die Patienten erleben positive Gefühle und können sich in der Gruppe austauschen. So wird wieder ein Zugang zum positiven Erleben und Handeln geschaffen oder manchmal sogar neu entdeckt.
Die eigene Erkrankung besser verstehen lernen
In der Psychoedukation wird unter therapeutischer Anleitung und Begleitung Wissen über die eigene Erkrankung vermittelt. Der Therapeut stellt sein Fachwissen zum Umgang mit verschiedenen Emotionen, Psychopharmaka und Psychotherapie zur Verfügung. Er zeigt Hintergründe zu Symptomen wie Schmerz, Angst, Depression und Schlafstörungen auf. Des Weiteren werden Fakten über den Zusammenhang zwischen Körper und Seele dargelegt.
Grundsätzlich soll die Psychoedukation Patienten und Angehörige aus einem Zustand der Unwissenheit und Unerfahrenheit „herausführen“ (educare). Es wird davon ausgegangen, dass das „Verstehen-können“ der eigenen Erkrankung hilfreich ist gegen die Ungewissheit und die Angst, die mit vielen psychosomatischen Krankheiten einhergeht.
Den Leidensdruck lindern helfen
Bei manchen psychosomatischen Krankheiten kann eine ergänzende medikamentöse Therapie hilfreich sein. Wir beraten unsere Patienten zu infrage kommenden Psychopharmaka. Des Weiteren stimmen wir unsere Empfehlungen mit ihren Bedürfnissen und Befürchtungen ab und klären sie möglichst umfassend auf. Gegebenenfalls leiten wir dann die Behandlung ein.
Bei Unsicherheiten bezüglich Wirkung und Nebenwirkungen von Psychopharmaka bestehen im Marienhospital kurze Wege zu den Ärzten. Dies gibt unseren Patienten gerade in der Einführungsphase Sicherheit und die Option auf ein schnelles und sinnvolles Handeln.
Im Dschungel der Bürokratie
In unserer Sozialberatung werden sozialrechtliche Themen besprochen. Diese stehen normalerweise im Zusammenhang mit der Erkrankung, wegen der sich die Patienten in unserer Klinik in Behandlung befinden.
Solche Themen können sein:
- finanzielle Absicherung wie Krankengeld
- Probleme am Arbeitsplatz
- berufliche Wiedereingliederung
- berufliche Umorientierung
- berufliche Rehabilitation
- Unterstützung nach der Entlassung aus dem Krankenhaus
(Kontakt zu Beratungsstellen, Haushaltshilfen, Selbsthilfegruppen)
Berichten wie es einem geht
In der Chefarztvisite haben unsere Patienten Gelegenheit zu berichten, wie es ihnen geht und mit welchen Problemen und Fragestellungen sie beschäftigt sind. Dabei sind die Einzeltherapeuten und der Pflegedienst anwesend. Neben dem aktuellen Befinden sind häufig Fragen zur Medikamentengabe, zum weiteren Behandlungsverlauf und zur Einschätzung des Therapieverlaufs Thema des Gesprächs. Für den Chefarzt der Klinik ist es wichtig, einmal pro Woche einen persönlichen Eindruck von jedem Patienten zu bekommen, der in der Klinik behandelt wird.
Zur Sprechstunde auf Station
In der allgemeinärztlichen Sprechstunde haben die Patienten der Station und der Tagesklinik die Möglichkeit, körperliche Symptome diagnostizieren und behandeln zu lassen. Bei Bedarf können dann auch die Fachkliniken des Marienhospitals eingeschaltet werden.